Apothekerverband zieht verheerende Bilanz zum Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums für eine Apothekenreform
LAV-Präsidentin Zambo kritisiert Karl Lauterbachs Reformpläne scharf: Ungeeignet und zerstörerisch
Stuttgart - Der Landesapothekerverband Baden-Württemberg (LAV) äußert scharfe Kritik an dem aktuellen Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) zum "Gesetz für eine Apothekenhonorar- und Apothekenstrukturreform" (ApoRG). Die Vorschläge, die Apotheken ohne die ständige Anwesenheit eines Apothekers zu betreiben sowie die zusätzliche Etablierung von 100 Zweigapotheken, sind nicht nur unzureichend durchdacht, sondern gefährden auch die Qualität und Sicherheit der Arzneimittelversorgung in Deutschland. "Ein solches Pseudo-Apotheken-Konzept als Zukunftsvision für die Arzneimittelversorgung in Deutschland verkaufen zu wollen, grenzt schon fast an Unverschämtheit - mindestens aber an vollständiger Unkenntnis der Versorgungsrealität", kommentiert LAV-Präsidentin Tatjana Zambo die Planungen.
Apotheken ohne Apotheker: Ein gefährliches Konzept
Bundesgesundheitsminister Lauterbach hält trotz massiver Bedenken an der Idee fest, Apotheken künftig ohne die ständige Anwesenheit eines Apothekers zu betreiben, solange ein approbierter Apotheker per Video zugeschaltet werden kann. Dieses Modell reduziere nicht nur die direkte, qualifizierte Beratung durch Pharmazeut:innen. "Die geplante Regelung, dass die Apothekenleitung lediglich mindestens acht Stunden physisch anwesend sein muss und den Rest per Video erledigen soll, ist nicht einmal ein fauler Kompromiss. Eine solche Idee untergräbt die etablierten und hohen Standards der Arzneimittelversorgung und degradiert freie Heilberufler zu Schubladenziehern", erklärt LAV-Präsidentin Tatjana Zambo.
Zweigapotheken mit kurzen Öffnungszeiten: Eine Alibi-Lösung
Die geplante Gründung von 100 Zweigapotheken mit kurzen Öffnungszeiten in unterversorgten Regionen ist aus Sicht des LAV keine Lösung für die Herausforderungen der flächendeckenden Arzneimittelversorgung. "Der Vorschlag, Zweigapotheken auszubauen, von denen es derzeit nicht einmal ein Dutzend in Deutschland gibt, ist eigentlich eine Bankrott-Erklärung des Ministers", meint Zambo. Zweigapotheken seien ein Element der Notversorgung in unterversorgten Gebieten. "Daraus ein Element der Regelversorgung zu machen, zeigt die Hilf- und Planlosigkeit des Ministeriums." Solche Apotheken könnten die bestehenden Versorgungsprobleme nicht nachhaltig lösen, sondern eher verschleiern.
Unzureichende Vergütungsanpassungen und Umverteilungen
Die geplante Anpassung des Fixums in zwei Schritten auf 8,66 Euro im Jahr 2025 und 9 Euro im Jahr 2026, während die prozentuale Vergütung von derzeit 3 Prozent auf 2 Prozent reduziert wird, stellt keine Verbesserung dar. "Linke Tasche, rechte Tasche: Diese Umverteilung unseres Honorars ist ein Nullsummenspiel. Was wir aber brauchen, um einen über 11-jährigen Stillstand bei den apothekerlichen Honoraren auszugleichen, ist eine wirkliche Anpassung an höhere Betriebskosten, steigende Personalkosten, Einschränkungen im Einkauf und Inflation und andere Kostentreiber."
Mehr Impfungen und Schnelltests: Chance oder Überlastung?
Das BMG plant eine Erweiterung der Impfberechtigungen auf Tetanus, Diphtherie, Kinderlähmung und FSME sowie den Verkauf von Schnelltests auf verschiedene Viren in Apotheken. "In Erinnerung an unsere Vergütung bei Corona-Schutzimpfungen oder an Grippeimpfungen bleibe ich sehr skeptisch. Ja, wir Apothekerinnen und Apotheker können mehr als wir dürfen. Aber solche zusätzlichen Aufgaben können eine Überlastung der Apothekenmitarbeiter bedeuten, wenn hierfür nicht angemessene personelle und finanzielle Ressourcen bereitgestellt werden", meint LAV-Präsidentin Zambo. Solche Maßnahmen erforderten eine sorgfältige Planung und Unterstützung, um die Qualität der Versorgung und deren Umsetzbarkeit sicherzustellen.
Der Gesetzesentwurf zeigt, dass die massiven Bedenken und konstruktiven Vorschläge der Apothekerverbände weitgehend ignoriert wurden. Der Landesapothekerverband Baden-Württemberg fordert daher eine grundlegende Überarbeitung des Entwurfs und einen echten Dialog mit den Apothekern, um gemeinsam nachhaltige und praxisgerechte Lösungen zu entwickeln. Die Gesundheit der Bevölkerung und die Qualität der Arzneimittelversorgung dürfen nicht durch unausgereifte und kurzsichtige Reformen aufs Spiel gesetzt werden.
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Der Landesapothekerverband Baden-Württemberg e. V. setzt sich für die unabhängige Beratung von Patienten, Gesundheitsprävention und die sichere Abgabe von Arzneimitteln ein. In Baden-Württemberg gibt es rund 2.200 öffentliche Apotheken. Der Verband vertritt die wirtschaftlichen und politischen Interessen seiner Mitglieder. Um das Wohl der Patienten kümmern sich im Land neben den approbierten Apothekerinnen und Apothekern auch rund 15.000 Fachangestellte, überwiegend Frauen, in Voll- oder Teilzeit. Der Landesapothekerverband Baden-Württemberg e. V. ist zertifiziert nach DIN EN ISO 9001 : 2015.
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